Mit Antischall gegen dröhnenden Fluglärm

Wer ständig Fluglärm ausgesetzt ist, hat ein erhöhtes Gesundheitsrisiko. Forscher tüfteln deshalb daran, Triebwerke leiser zu machen. Eine Möglichkeit ist Antischall – mithilfe von Druckluft.

Von Norbert Lossau Ressortleiter Wissenschaft

Kopfhörer mit aktiver Geräuschunterdrückung sind bei vielen Musikfreunden beliebt. Eingebaute Mikrofone nehmen dabei den Umgebungsschall auf, eine Elektronik errechnet dazu den passenden Gegenschall, sodass störende Geräusche weitgehend unterdrückt werden.

Auch bei den Kopfhörern für Flugzeugpiloten kommt diese Antischalltechnik zum Einsatz – nicht damit sie besser Musik hören können, sondern damit beispielsweise die Kommunikation mit dem Tower weniger fehleranfällig ist.

Auch manche Passagiere nutzen an Bord Antischallkopfhörer, um die von den Triebwerken erzeugten Geräusche ein Stück weit ausblenden zu können. Dazu muss man gar nicht Musik hören wollen. Ein Antischallkopfhörer funktioniert auch einfach so und sorgt für etwas mehr Ruhe.

Noch besser wäre es natürlich, wenn die Triebwerke der Jets von vornherein leiser wären. Der technische Fortschritt hat ihre Lautstärke im Laufe der Jahre zwar bereits deutlich verringert. Doch noch leiser wäre natürlich noch besser – insbesondere für die Menschen, die in der Nähe eines Flughafens wohnen.

Tatsächlich haben Wissenschaftler bereits vor Jahren versucht, Triebwerke mithilfe von Antischall leiser zu machen. Das funktioniert auch grundsätzlich, doch der Einbau von großen Lautsprechern mit ihren schweren Magneten sowie den benötigten Verstärkern ist insbesondere ein Gewichtsproblem.

Außerdem kann man sich leicht vorstellen, dass eine "Hi-Fi-Anlage" in einem Flugzeugtriebwerk vielleicht keine allzu lange Lebensdauer haben würde. Die Experten haben jedenfalls das Thema Lautsprecher im Triebwerk abgehakt.

Deutsche Forscher erzeugen Antischall mit Luftdruck

Doch es gibt eine andere, viel weniger aufwendige Möglichkeit, Antischall in Triebwerken zu erzeugen. Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) berichten davon, dass ihnen dies mithilfe von Druckluft gelungen ist. Diese wird, von einem Computer gesteuert, über mehrere mit Löchern versehene Ringe hinter dem Rotor in das Triebwerk eingeblasen. Der Luftstrom regt die Leitschaufeln hinter dem Hauptrotor zu Schwingungen an, die bei geeigneter Einstellung passenden Antischall erzeugen können.

Dies haben die Forscher unter Leitung von Professor Lars Enghardt jedenfalls bei Experimenten mit einem Modelltriebwerk auf einem Teststand des DLR in Köln herausgefunden. Der besonders störende Ton des Rotorstators konnte um bis zu zehn Dezibel verringert werden. Für die menschliche Wahrnehmung bedeutet dies: Der Lärm wird nur noch als halb so stark empfunden. Das ist ein bemerkenswerter Fortschritt.

Die Chance, dass die Erkenntnisse der DLR-Forscher auch in der Praxis umgesetzt werden, ist groß. Von Anfang an waren an diesem Forschungsprojekt Partner aus der Industrie beteiligt – der Triebwerkhersteller Rolls-Royce und der Flugzeugbauer Airbus.

Moderne Flugzeugturbinen verfügen bereits heute aus anderen Gründen über ein Druckluftsystem. Dieses könnte man für die Antischallanwendung erweitern und anpassen.

Quelle: http://www.welt.de/wissenschaft/article138030889/Mit-Antischall-gegen-droehnenden-Fluglaerm.html